Frederick Forsyth hat Unrecht und die rechte Presse manipuliert

im Januar 2019

In Blogs der Rechten kursiert ein Zitat von Frederick Forsyth, in welchem er scheinbar den Nazis nach dem Mund redet („deutscher Schuldkomplex”). Das ist ein Beispiel für die Rechte Lügenkultur. Das Zitat dürfte sich auf ein Interview mit dem „Focus“ vom 23.8.2010 beziehen.

Forsyth hat natürlich vollkommen unrecht. Und es wundert mich schon etwas, dass dieser ansonsten sehr differenzierte Autor solche Plattheiten in einer solch wichtigen Angelegenheit von sich gibt.

1) Deutschland muss natürlich nicht “aufstehn” sondern steht bestens da. Nicht nur wirtschaftlich, auch in Fragen der Wiederaufrüstung und Remilitarisiserung in Teilbereichen, zweifellos. Ich will das an dieser Stelle nur fest stellen, nicht bewerten. Jedenfalls ist das nun wirklich offensichtlich.

2) Wenn 40% der befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen in diesem Land nicht oder nur unzureichend wissen, was das totalitäre NS-Regime an Verbrechen begangen hat, ist es unangemessen, davon zu sprechen, es sei an der Zeit “sich nicht mehr zu entschuldigen”. Auch wenn “die meisten Briten sich wundern” (wer auch immer die meisten sein soll), ist da ganz offensichtlich nicht genug getan worden, vom demokratischen Staat.

3) Wenn sich dieses Nicht-Wissen, befeuert durch nach wie vor virulent aktive Nazis, und eben auch “nicht Wissen wollen” sich in Organisierung in Nazibanden niederschlägt, die auch vor Mord nicht zurückschrecken, und ihren legalen Flügeln (NPD u.a.) und gar parlamentarischen Vertretungen (AfD) niederschlägt, deren Fraktion den Saal verlässt, wenn eine Holocaust-Überlebende spricht, kann ebenfalls die “Schuldfrage” nicht im Sinne von NS-Revanchisten gestellt werden.

Unter solchen Umständen muss in der Tat gefordert werden: Deutschland steh auf – Gegen Naziverbrechen gestern und heute. Und werde dir deiner Schuld bewußt, denn solange es einen “Nationalsozialistischen Untergrund”, NS- und anderen Rassistensumpf gibt, wird man über die “Schuldfrage” nicht so diskutieren, wie Forsyth das hier anregt.

Auch hier sind “die Deutschen” besser, als dies die Worte Forsyths vermuten lassen. 70-80% der Deutschen lehnen den NS und solche Vereinigungen wie NPD, AfD und co. schlicht ab.

Eingangs schrieb ich, dass es mich wunderte, sollte Forsyth derart undifferenziert Stellung genommen haben – und siehe da – aus nachvollziehbarem Grund unterschlagen die Rechten den Fortgang des Interviews:

„Wenn ich ein Deutscher wäre, hätte ich einen Traum. Die Richter in Karlsruhe änderten die Verfassung, sodass ein Bürgerentscheid möglich wäre. Einer, über dessen Zulässigkeit nicht Politiker entschieden, sondern als Recht nach Schweizer Vorbild. Und ich könnte laut und deutlich sagen: „Ich bin Deutscher, und ich schäme mich nicht dafür. Ich möchte in einem souveränen, demokratisch regierten Staat leben. Und außerdem möchte ich mein Heimatland wiederhaben.“ Focus 23.8.2010 (Das ganze Interview (Focus vom 23.8.2010) )

Nun muss man gar nicht mit jeder Zeile des, ja durchaus konservativen Frederick Forsyth übereinstimmen, aber das ist ja nun doch etwas anderes, als die Suggestion der Zitat-Verstümmler.

Anhang:
Der Holocaust Überlebende und Historiker Saul Friedländer spricht im Bundestag